Hölderlin-Nürtingen

Projekt Gedichtstein Teufelsbrücke

Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.

Diese Steine sollen uns Mut machen

 

Aus dem Bauernwald geborgen, stehen die Gedichtsteine nun auf dem Weg zur Teufelsbrücke

 

Gedichtsteine mit einem Zitat aus Hölderlins „Patmos“

Rede der Steinpatin am 17.10.2019

Auf der Suche nach geeigneten Steinen für zukünftige Hölderlinsteine – es handelt sich dabei ausschließlich um Steine aus unserer nahen Umgebung – von Hardt und Oberensingen, dort wo sich früher die Steinbrüche befunden haben, sind wir mit Ingrid Dolde herumgefahren und gelaufen und haben dabei einige Steinbrocken gefunden, die unseren Vorstellungen entsprachen. Darunter waren auch diese drei Steine, die wir mit Hilfe von Herrn Rudolf Trautmann vom Bauhof in unsere Werkstatt gebracht haben. Dort haben wir zusammen mit Frau Dolde alle möglichen Kombinationen ausprobiert – wir haben gespielt – uns überlegt , welche Steine zu diesen Zeilen Hölderlins passen würden und haben uns dann für eine Installation aus diesen drei Felsen entschieden und sie in der jetzigen Form zusammengefügt – man könnte fast sagen, diese Steine haben zusammengefunden.
Ein Trio für den Vers Hölderlins: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“ Sofort als Frau Dolde mir damals diese Zeilen vorlas – sagte ich zu ihr „das ist mein Spruch“ und der gehört an die Teufelsbrücke – in meine alte Heimat. Deshalb wollte ich Steinpatin werden.
Der Steinbildhauer Alfred Jüttner – mein Mann – hat dann die Flächen für die Schrift bestimmt und die Textzeilen den Steinen zugeordnet. Die Schrift hierfür hat er selbst entworfen und dann in den Stein gehauen. Fast drei Jahre stand diese Steinkombination vor unserer Werkstatt und ist uns ans Herz gewachsen – so dass es fast ein wenig schwer wird, sie jetzt wegzugeben.
Vor zwei Tagen haben sie nun ihre Reise nach Hardt angetreten, und stehen jetzt an dem Platz, für den sie von Anfang an vorgesehen waren – an der Teufelsbrücke, über die bereits Hölderlin gegangen ist. Vor dieser historischen Brücke, die fast zusammengestürzt wäre und dann –kurz vor dem Zusammenbruch – doch noch Retter gefunden hat. Was für ein stimmiger Platz.
Genauso stimmig wie der Aufbau mit Rudolf Trautmann. Wir sind inzwischen ein eingespieltes Team. Die drei Teile fügten sich auf Anhieb exakt zusammen. Während all der Zeit, in der die Steine bei uns standen, gab es viele Menschen, die sie gesehen haben. Nicht selten hörten wir die Worte: „Aha … sieht gut aus, aber was soll das denn bedeuten: „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“? Diese Zeilen, dieser Sprachduktus, sind ungewohnt geworden in dieser unpoetischen Zeit, in der man sich eher an plakative Sprüche, Schlagworte und Parolen gewöhnt hat.
Schlagzeilen – Verkaufsargumente – alles, nur keine Wegweiser. Diese Worte sind Wegweiser – können es zumindest sein, wenn man sich darauf einlässt. Bei Gefahr nicht zu verzweifeln und sich passiv überrollen zu lassen, sondern aktiv mit der Situation umzugehen, zu vertrauen, dass Lösungen erwachsen können, die wir uns vielleicht noch nicht einmal vorstellen können. Hölderlin hat hier ja nichts erfunden, er hat wahrgenommen, wie der göttliche Mechanismus funktioniert. Passives Ertragen, Angst oder gar Verzweiflung besetzen das eigene Denken und machen freies Handeln unmöglich – viele von uns, werden diese Gefühle kennen.
Aber es gibt Auswege. Statt den Kopf in den Sand zu stecken, können wir die Dinge mit kühlem Kopf und mit freien Gedanken angehen – aktiv und kreativ – für uns alleine und gemeinsam mit anderen Menschen, im Vertrauen darauf, dass Rettendes wächst. Vielleicht sogar mehr noch, erkennen, dass fast alles einen Sinn hat und dass die Auseinandersetzung mit der Gefahr uns wachsen lässt. Mögen diese Steine uns immer Mut machen.

 

Impressionen von der Aufstellung der Stein-Installation

Fotos: Karin Weinmann

Zurück zum Projekt Gedichtsteine

Über den Verein Hölderlin-Nürtingen.

IMPRESSUM | DATENSCHUTZERKLÄRUNG